Tag 11 – von Dakhla ins Wüstenhotel oder wie transferieren wir einen geklauten Cayenne nach Senegal

nach einer wunderbar ruhigen Nacht bei guter Luft und sagenhaftem Blick aufs Meer bekommen wir nach etwas Diskussion das beste Frühstück der bisherigen Reise.

Der Tag fängt fantastisch an. Total entspannt cruisen wir zum vereinbarten Treffpunkt und sind auch pünktlich (also zwei Stunden vor der Zeit) da. So können wir noch ein wenig Small-Talk betreiben und den Blog von gestern erstellen. Briefing ist pünktlich um 10 Uhr. Torsten erwähnt unseren gestrigen Suchalgorythmus durch Dakhla als absolut sehenswert auf dem GPS-Tracker. Auch unsere treuen Stalker melden sich, nachdem wir das dritte Mal auf und ab sind.

Wir ergänzen noch unsere Wasservorräte – Twix gibt es mal wieder nicht – und so müssen wir auf Mars ausweichen. Guten Mutes geht es auf die Route, die nicht viel Spannendes bietet. Wir überschreiten den Wendekreis des Krebses, den wir auch gewissenhaft ignorieren. Ein kleiner Besuch des neben der Straße liegenden Meeres bringt doch Ernüchterung: Das Plastikproblem ist allgegenwärtig. Die auf die Ferne zumindest teilweise noch intakt scheinende Natur leidet gewaltig. Überall Plastikflaschen, Kanister und Reste von Netzen. Daneben eine ärmliche Behausung –  derzeit nicht bewohnt.

Zu einer kurzen Vesperpause suchen wir uns den einzigen Busch weit und breit und öffnen da die extra für diese Zwecke mitgebrachte Fischdose mit Tomatensoße. Bietet sich genau heute an, da ich ein weißes Leinenhemd trage. Aber es geht gut, nachdem Micha die Dose öffnet und ich 8 m entfernt stehe. Somit wird nur die Stoßstange des Autos in Mitleidenschaft gezogen und die Mischung aus Dust, Diesel und Tomatensoße ist – sagen wir mal – speziell.

Noch ein paar Wüstenblumen fotografiert und es geht weiter. Unterwegs gibt es nichts Spektakuläres mehr, ausser ein/zwei ausgebrannte Autowracks – eines davon noch leicht glimmend und ein überfahrenes Kamel am Strassenrand. Das muß schon länger her sein.

Am Ziel nochmals den Tank gefüllt und dann eingecheckt ins Hotel, wobei wir feststellen mussten, dass die Schweizer schon da sind. Heute also ein guter zweiter Platz.

Nach einer guten Tasse Kaffee und den inzwischen schon üblichen Madeleines kümmern wir uns noch ein wenig ums Auto. Wir putzen Scheiben, prüfen Flüssigkeitsstände … und alles ist ticki-tacki.

Nebenbei spricht mich ein Senegalese an, der anhand des Nummernschildes unsere Herkunft abgeleitet hat und bittet mich, einen deutschen Text zu übersetzen. Der jugendliche Freund hatte in Deutschland einen fast neuen Porsche Cayenne von einem Russen erworben und soll ihn nach Senegal überführen. Nun haben ihn die Marrokaner an der Grenze nach Mauretanien rausgezogen und ihm erklärt, das Auto sei gestohlen. Für ihn unfassbar, hatte er doch eine Menge Geld hingelegt und dem Handschlag des Verkäufers vertraut – es gibt also keinen Kaufvertrag. Seiner Bitte folgend, habe ich mal über nicht näher benannte Kanäle angefragt und tatsächlich ist das Auto in der EU als gestohlen gemeldet. Diese Information und die damit verbundenen Diskussionen brachten uns einen erfüllten Nachmittag und ein nicht gerade erquickliches Telefonat mit dem Empfänger des Fahrzeugs. Um Geld und Auto geprellt war der junge Kurierfahrer eine Erfahrung reicher. Die genauen Umstände werden wir wohl nie rausbekommen – wer ist Täter, wer ist Opfer und wofür um alles in der Welt braucht man einen Cayenne in Senegal ? Auf alle Fälle eine spannende Geschichte, um die sich in den Teams schnell Mythen bilden und Geschäftsideen entwickeln. Na ja, wir werden das Auto morgen sehen und vielleicht können wir es mit ein paar Päckchen Tee auslösen….

Nach einem formidablen Abendessen (Tagine), bei dem wir Gemüse erwartet und Hühnchen bekommen haben, gehen wir noch auf den Parkplatz, uns ein wenig bei einem Glas Wein die Füße vertreten. So erfahren wir einerseits, dass Benzin gerade aus ist und ein paar Teams bangen, andererseits erleben wir das Nachtleben des kleinen Wüstenorts. Auch hier gibt es Poser. Einen habe ich sofort ins Herz geschlossen – er ist der Coolste von allen, fährt einen alten Serie3-Landrover-Abschleppwagen, dem er liebevoll rote Scheinwerfer implantiert hat, ergänzt mit Arbeitsscheinwerfern, einer orangen Rundum-Leuchte und einer Mörder-Stereoanlage macht das Auto mächtig was her. Innendrin wurden auch ein paar Veränderungen vorgenommen: gefühlt 50 Würfel wackeln an der Frontscheibe rum, das Armaturenbrett ist mit Lammfell abgedeckt und es riecht wie … Der Fahrer ist begeistert von meinem Interesse und möchte unbedingt Whisky haben. Er sei liberal. Mit diesem Hinweis zeigt er auf eine Handvoll leerer Bierdosen im Fußraum. Was er in dieser Nacht noch alles abschleppt werden wir wohl nie erfahren…

Micha macht währenddessen die Dorfjugend glücklich, indem er seinen ersten Ball herschenkt – nicht ahnend, dass das in einer mittleren Katastrophe endet. Die Jungs kicken in Ermangelung eines Bolzplatzes direkt auf der nebenan verlaufenden Autobahn (was allerdings einer guten Landstrasse bei uns entspricht). Der Wächter belehrt sie, und um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, schmeißt er einen Stein nach den Jungs. Dem arabischen nicht mächtig, lässt sich trotzdem ableiten, dass sie ihn ein A*******ch nennen. Die Jungs ohne Ball kommen ständig her und betteln auch um einen. Na ja – so kann´s gehen.

Bei einem  Feierabendbierchen lassen wir den Abend ausklingen und John-Boy schläft bereits neben mir. Er träumt davon, wie man ein wertiges Unimog-Cabrio-Führerhaus vom freundlichen Teilehändler aus Südmarokko nach Heilbronn bekommt. Das ist eines von zwei Projekten, die morgen vor Abfahrt um 11 Uhr abgeschlossen sein müssen. Das zweite heißt – woher bekommen wir auf die Schnelle einen neuen Beifahrersitz für einen Mercedes Sprinter.

Wahrscheinlich sind wir die nächsten Tage nicht online – das heißt nicht, dass wir untätig sind oder keinen Bock haben… aber auch hier hat die Technik ihre Grenzen – lasst euch überraschen. Sowie sie wieder funktioniert, hört ihr von uns – versprochen ! Morgen gehts dann über die Grenze nach Mauretanien…